Industriestrompreis

Der Industriestrompreis kommt

Aktualisiert: 25.11.2026
Lesedauer: 8-10 min

Die Bundesregierung plant ab 2026 einen staatlich subventionierten Industriestrompreis, der gezielt energieintensive Branchen entlasten und die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Deutschland stärken soll. Während die politische Diskussion weiterläuft, liegen die wesentlichen Eckpunkte und Mechanismen bereits auf dem Tisch.

Hier finden Sie eine kompakte, gleichzeitig fundierte Übersicht darüber, was bereits feststeht, wer profitieren kann, wie der Mechanismus funktioniert, und welche Schritte Industrieunternehmen jetzt vorbereiten sollten, um rechtzeitig handlungsfähig zu sein.

Hintergrund und Zielsetzung

Deutschland zählt europaweit zu den Ländern mit den höchsten Stromkosten. Ein Faktor, der besonders energieintensive Branchen belastet und die Gefahr von Produktionsverlagerungen in Länder mit günstigeren Energiekosten verstärkt.

Mit dem geplanten Industriestrompreis möchte die Bundesregierung:

  • den Standort Deutschland kurzfristig entlasten,

  • Abwanderungsrisiken reduzieren,

  • international wettbewerbsfähige Bedingungen schaffen,

  • und gleichzeitig klimafreundliche Investitionen in der Industrie beschleunigen.

Der Industriestrompreis ist daher nicht nur ein Entlastungsinstrument, sondern auch ein Transformationsinstrument.

Was steht heute bereits fest?

Förderzeitraum 2026–2028: Der Industriestrompreis soll zunächst für drei Jahre gelten. Spätestens 2030 läuft das Modell vollständig aus.

  • Zielpreis von rund 50 €/MWh: Die Förderung soll bewirken, dass förderfähige Unternehmen einen Teil ihres Verbrauchs zu einem effektiven Preis von etwa 50 €/MWh (5 ct/kWh) beziehen können.

  • Standardvolumen von 50 % des Jahresverbrauchs: In der Grundausgestaltung wird die Hälfte des Verbrauchs eines Unternehmens gefördert. Optional ist ein degressives Modell, bei dem Unternehmen das Fördervolumen über die drei Jahre flexibel verteilen können.

  • Referenzpreis basiert auf dem Vorjahresmarkt: Die Förderung orientiert sich nicht an individuellen Lieferverträgen, sondern ausschließlich am: Durchschnitt des BASE-Future-Preises des Vorjahres auf dem deutschen Markt. Damit erhalten alle förderfähigen Unternehmen denselben Zuschuss pro MWh.

  • Nachträgliche Auszahlung: Die Förderung wird nach Ablauf des jeweiligen Jahres ausgezahlt und ist somit keine direkte Entlastung auf der Stromrechnung.

Wer wird förderberechtigt sein?

Die Förderung richtet sich nicht an die gesamte Industrie, sondern an Unternehmen, die besonders stromintensiv sind und gleichzeitig im internationalen Wettbewerb stehen. Die Grundlage hierfür ist die KUEBLL-Liste der EU. Eine systematische Aufstellung jener Sektoren, die besonders carbon-leakage-gefährdet sind. Zu diesen Branchen gehören unter anderem:

  • Chemische Grundstoffproduktion

  • Metallerzeugung und -verarbeitung

  • Papier- und Zellstoffindustrie

  • Glas, Keramik, Baustoffe

  • Textil- und Nahrungsmittelgrundstoffe

  • Weitere stromintensive Grundstoffbranchen

Unternehmen dieser Liste gelten als „automatisch förderfähig“. Für viele andere Unternehmen, die nicht auf der Liste stehen, kann sich ein Anspruch jedoch ebenfalls ergeben, sofern sie bestimmte Intensitätskriterien erfüllen. Entscheidend sind hier:

  • ≥ 5 % Stromkostenintensität,

  • ≥ 5 % Handel-/Exportintensität,

  • ≥ 2 % kombinierte Intensität.

Unternehmen, die beispielsweise hohe Energieanteile in der Produktion haben und gleichzeitig stark exportorientiert sind, können somit ebenfalls förderfähig werden, selbst wenn ihre Branche nicht explizit gelistet ist.

Die Logik der Berechnung: Rabatt, Untergrenze, Volumen

Die Förderung setzt sich aus einem klar definierten Mechanismus zusammen. Zunächst wird der Rabatt ermittelt: Er darf maximal 50 Prozent des Referenzpreises betragen. Zugleich muss der effektive Strompreis für das geförderte Volumen mindestens 50 €/MWh betragen. Diese Untergrenze ist beihilferechtlich vorgeschrieben, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.

Ein Beispiel macht die Logik deutlich:

Liegt der Referenzpreis für 2026 bei 120 €/MWh, beträgt der maximale Rabatt 60 €/MWh. Damit ergibt sich ein effektiver Preis von rund 60 €/MWh für das geförderte Volumen. Sinkt der Referenzpreis künftig, verringert sich auch der Zuschuss. Die Förderung ist also an Marktpreisentwicklungen gekoppelt – aber nicht an unternehmensspezifische Lieferverträge.

Pflichtinvestitionen: Fördergeld ist an Vorgaben gekoppelt

Der Industriestrompreis will nicht nur kurzfristig entlasten, sondern gleichzeitig Investitionen in flexible, hocheffiziente und klimafreundliche Produktionsstrukturen beschleunigen. Deshalb müssen Unternehmen mindestens 50 Prozent des Zuschusses in entsprechende Maßnahmen investieren.

Förderfähige Investitionen umfassen ein breites Spektrum und reichen von Energieeffizienz und Flexibilisierung bis hin zur Integration erneuerbarer Energien und Elektrifizierung. Dazu gehören:

  • Effizienzmaßnahmen in Produktion und Energienutzung

  • der Ausbau eigener erneuerbarer Energien (z. B. PV, Wind)

  • Lastflexibilisierung und digital gesteuerte Lastverlagerung

  • moderne Speichertechnologien (batteriebasiert oder thermisch)

  • die Elektrifizierung bisher fossiler Prozesse

  • Netzanschlussoptimierung und Infrastrukturmodernisierung

  • langfristige PPAs aus neuen Erzeugungsanlagen

Unternehmen, die besonders stark in Flexibilisierung investieren, können zusätzlich einen Flexibilitätsbonus von 10 Prozent erhalten, wenn mindestens 80 Prozent der Investitionssumme in entsprechende Maßnahmen fließt.

Die Maßnahmen müssen innerhalb von 48 Monaten nachgewiesen und dokumentiert werden; inklusive technischer Beschreibung, Investitionsvolumen und Wirksamkeitsnachweis. Doppelförderungen in anderen Programmen sind ausgeschlossen.

Was Unternehmen jetzt konkret tun sollten

Auch wenn einige Details noch finalisiert werden, ist der Handlungsspielraum bereits klar. Unternehmen, die schon jetzt strukturiert vorgehen, werden später deutlich schneller handlungsfähig sein. Fünf Schritte sind besonders wichtig:

  1. Förderfähigkeit prüfen: Unternehmen sollten frühzeitig prüfen, ob sie förderberechtigt sind. Entweder durch die KUEBLL-Zugehörigkeit oder über die CISAF-Kriterien.

  2. Datenqualität sicherstellen: Die Datenqualität muss gesichert werden. Dazu gehören Lastprofile, Zählerdaten, Stromkostenstrukturen und Nachweise zur Handelsintensität.

  3. Investitionen planen: Eine fundierte Investitionspipeline ist erforderlich. Dabei geht es nicht nur darum, Projekte zu identifizieren, die förderfähig sind, sondern zu verstehen, welche Projekte die größten Systemnutzen erzeugen und welche sich gut dokumentieren lassen.

  4. Flexibilitätspotenziale identifizieren: Verbrauchsdaten analysieren, um zu erkennen, welche Lasten steuerbar sind, welche Prozesse zeitlich verschoben werden können und wo Speicher oder automatisierte Steuerung wirtschaftliche Vorteile bringen könnten.

  5. Monitoring & Reporting vorbereiten: Laufende Transparenz über Verbrauch, Preise, Referenzpreis-Abweichungen und Investitionsfortschritte sicherstellen, um spätere Anträge effizient einreichen zu können.

Fazit: Der Industriestrompreis ist Chance und Herausforderung zugleich

Der Industriestrompreis bietet energieintensiven Unternehmen die Möglichkeit, ihre Stromkosten über drei Jahre hinweg deutlich zu stabilisieren und gleichzeitig Transformationsprojekte zu beschleunigen. Gleichzeitig erfordert das Modell einen hohen Grad an Vorbereitung, strategischer Abstimmung und präziser Datenlage.

Unternehmen, die heute bereits strukturiert vorgehen, sichern sich erhebliche Vorteile für die Jahre 2026 bis 2028; nicht nur finanziell, sondern auch strategisch.

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